Überall Abk.!

Die deutsche Sprache ist bekannt für ihre langen Wörter – doch sie kennt auch zahlreiche Abkürzungen (abgekürzt: Abk.).

 zzgl. NK – das wird teuer!

Sie begegnen uns überall – auf Wahlplakaten, Firmenschildern und Autos, in amtlichen Schreiben, Chats und Zeitungsinseraten: Abkürzungen. Im Internet finden sich zahllose Listen mit Abkürzungen – Wikipedia führt sogar eine „Liste von Listen mit Abkürzungen“. Gut so, denn die unscheinbaren Buchstabenfolgen enthalten oft wichtige Informationen. Es kann passieren, dass wir einige Hundert Euro mehr Miete zahlen müssen als gedacht, wenn wir in einer Wohnungsannonce den bösen kleinen Zusatz zzgl. NK nicht beachtet haben: zuzüglich Nebenkosten. Strom, Wasser u.v.a.m. (und vieles andere mehr) kommen noch zum Mietpreis dazu. Beruhigt sein können wir dagegen, wenn wir WM lesen: Warmmiete.

Abkürzungen – gesprochen oder nur geschrieben?

Sportfans denken bei der WM natürlich nicht an ihre Miete, sondern an Weltmeisterschaften. Die eine WM (Warmmiete) gibt es nur in der geschriebenen, die andere WM (Weltmeisterschaft) auch in der gesprochenen Sprache. Wenn wir wissen wollen, was wir zahlen müssen, fragen wir nach der „Warmmiete“. Wenn wir wissen wollen, wann wir vor dem Fernseher bei Wurst und Bier unser Nationalgefühl zelebrieren können, fragen wir nach der „WM“ – und sprechen statt „Weltmeisterschaft“ nur die Buchstaben „W“ und „M“. Gesprochene Abkürzungen nennt man Kurzwörter.

 

Silbenwörter und Initialwörter

Die meisten Kurzwörter der deutschen Sprache sind Silbenwörter oder Initialwörter. Silbenwörter bestehen aus den Anfangssilben (oder Teilen der Anfangssilben) von Komposita oder Wortgruppen. Die Kriminalpolizei wird beispielsweise zur Kripo – nicht zu verwechseln mit dem beliebten Schnipo (Schnitzel mit Pommes)! Initialwörter setzen sich aus Anfangsbuchstaben zusammen. Manchmal ersparen sie uns eine Menge Zeit: „ARD“ sagt sich deutlich schneller als „Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland“. Manchmal klingen sie einschüchternd offiziell: Nacktbaden ist was für Hippies, in Preußen betreibt man FKK (Freikörperkultur).

Staatsterror in Kurzwörtern

Um den besonderen Sound von Kurzwörtern wussten schon die Nationalsozialisten, die von der HJ (Hitlerjugend) bis zur Gestapo (Geheime Staatspolizei) die Organisationen ihres Staatsterrors entsprechend benannten. Mit bitterer Ironie gab der deutsch-jüdische Sprachwissenschaftler Victor Klemperer seiner Untersuchung der Sprache des Nationalsozialismus den Titel LTI (Lingua Tertii Imperii).

 

Keine Zeit für liebe Grüße?

Die vielen Abkürzungen, vor der kein Lebensbereich mehr sicher ist, waren auch der Hip Hop-Gruppe „Die fantastischen Vier“ suspekt. 1999 machten sie in ihrem Song MfG („Mit freundlichen Grüßen“) eine Inventur der Abkürzungen, die uns im Alltag begegnen – in der ersten Strophe angekündigt als „Spiel, das uns vom Drama einer Kultur berichtet“. Heute finden wir Abkürzungen auch in der informellen Sprache – vor allem in Chats, wenn’s schnell gehen muss. Wenn wir an der S-Bahnstation Schönhauser Allee zufällig einmal nicht auf unser Handy schauen, fällt unser Blick vielleicht auf ein Plakat mit einem Gedicht des Schriftstellers Jens Mühling, das die Kommunikation in Abkürzungen charmant hinterfragt:

Was macht eigentlich,

ihr flinken Sekundenhorter,

mit all der Zeit, die ihr spart,

wenn ihr „lg“ tippt,

statt lieb zu grüßen?

 

Spaßig-verspielte Kurzwörter

Bei aller Kritik an allzu vielen Kurzwörter – es gibt auch einige spaßig-verspielte. Da wäre zum Beispiel das Silbenwort Vokuhila für die berühmte 80er-Jahre-Frisur, die gerade ein Comeback feiert. Vokuhila klingt für deutsche Ohren ziemlich „exotisch“ – kommt aber einfach von „vorne kurz, hinten lang“. Wer abnehmen will, ohne sich auf eine bestimmte Diät festzulegen, macht FDH (Friss die Hälfte). Ungeeignet für FDH ist die süddeutsche Spezialität LKW mit ABS. Den LKW kennen wir normalerweise als Lastkraftwagen. Ein LKW mit ABS dagegen ist ein Leberkäsweckle mit a bissle Senf (ein Brötchen mit Leberkäse und ein bisschen Senf). Dieses Kurzwort lassen wir uns doch schmecken!

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Karl Kelschebach möchte Lernende nicht nur mit den Absonderlichkeiten der deutschen Sprache versöhnen, sondern auch ihre Neugier auf die Kuriositäten des Lebens in Deutschland wecken. Ob Spargel, Beamtendeutsch oder die Deutsche Bahn - nichts ist vor seiner flotten Feder sicher. Über manches schreibt er liebevoll, über anderes biestig - aber eine Prise Humor ist immer dabei.

Karl Kelschebach not only wants to reconcile learners with the peculiarities of the German language, but also arouse their interest in the curiosities of life in Germany. Whether it's asparagus, administrative language or the German railway - nothing is safe from Karl's quick pen. He writes tenderly about some things, and meanly about others - but there is always a pinch of humour.

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