Frei im Mai

Der Mai ist gekommen. Außer Veilchen hat er einige Feiertage für uns in petto – und vielleicht könnten wir auch den einen oder anderen “Brückentag” nehmen.

Frühlingspoesie

Der Mai ist da, der Wonnemonat! Viele Volkslieder besingen ihn – die Melodie eines der schönsten hat Mozart geschrieben: “Komm, lieber Mai, und mache / die Bäume wieder grün / und lass mir an dem Bache / die Veilchen wieder blühn.” Obwohl ich mich natürlich immer freue, wenn ich im Park ein Veilchen sehe – ein besonderer Monat ist der Mai nicht nur aus aus botanischen, sondern vor allem aus kulturellen Gründen. In Berlin denkt man da an Freiluftkino, Grillen im Park und Aperol Spritz – man könnte aber auch an all die Mai-Poesie denken, in der sich die Sehnsucht nach Aufbruch und Erneuerung ausdrückt: “Alles neu macht der Mai, macht die Seele frisch und frei”, singe ich am Schreibtisch vor mich hin. Schade, dass unser Büro bei All on Board kein Fenster hat.

Verlängerte Wochenenden

Ein weiteres Mai-Lied kommt mir in den Sinn: “Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus, / da bleibe wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus’!” Natürlich hat niemand Lust, mit Sorgen zu Haus’ zu bleiben und schon gar nicht im Büro – vielmehr strömt alles hinaus in Wälder und Felder, Minigolf-Anlangen und Biergärten. Der Mai ist in Deutschland ein sehr beliebter Reisemonat – nicht nur wegen des schönen Wetters, sondern vor allem wegen der vielen Feiertage. Es beginnt gleich mit dem ersten Mai, dem Tag der Arbeit. Die einen machen da Revolution, die anderen Urlaub. Auch Christi Himmelfahrt und Pfingsten liegen meistens im Mai.

Um wirklich von den Feiertagen zu profitieren, nehmen viele Arbeitnehmer*innen einen sogenannten “Brückentag” – also einen Urlaubstag, der die Zeit zwischen einem Feiertag und dem Wochenende überbrückt. Für ein “verlängertes Wochenende” nehmen sich viele zum Beispiel am Freitag nach Christi Himmelfahrt frei. Auch Schüler*innen bekommen an diesem Tag oft Ferien. Anders war es dieses Jahr am ersten Mai, der auf einen Mittwoch fiel: Am Donnerstag und Freitag mussten sie wieder in die Schule gehen. Ob das auch wirklich alle gemacht haben? Angesichts des warmen Wetters würde es mich nicht wundern, wenn die einen oder anderen geschwänzt hätten.

Einfach mal blau machen

“Schwänzen” oder “blau machen” – das heißt, den Schul- oder Arbeitstag ausfallen zu lassen. Um keinen Ärger zu bekommen, kann man sich ein ärztliches Attest ausstellen lassen – ein bisschen schauspielerisches Talent ist dabei natürlich hilfreich. Klar, ist verboten. Kommt aber trotzdem vor. Eine Studie der Schwenninger Krankenkasse aus dem Jahr 2018 zeigt, dass es große regionale Unterschiede gibt, was die Haltung zum Blaumachen betrifft: Während in Nordrhein-Westfalen 27% der Befragten angaben, in den letzten 12 Monaten an mindestens einem Tag blau gemacht zu haben, waren es in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern nur 8%.

Ich selbst arbeite freiberuflich. Wenn ich blau mache, bekomme ich auch kein Geld. Wenn wegen eines Feiertags meine Deutschkurse nicht stattfinden, auch nicht. Trotzdem freue ich mich auf Christi Himmelfahrt – und am Freitag danach mache ich blau. Ich werde wandern gehen und dazu ein altes Wanderlied singen: “Halli hallo, wir fahren, wir fahren in die Welt, ja, ohne Geld!”

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Karl Kelschebach möchte Lernende nicht nur mit den Absonderlichkeiten der deutschen Sprache versöhnen, sondern auch ihre Neugier auf die Kuriositäten des Lebens in Deutschland wecken. Ob Spargel, Beamtendeutsch oder die Deutsche Bahn - nichts ist vor seiner flotten Feder sicher. Über manches schreibt er liebevoll, über anderes biestig - aber eine Prise Humor ist immer dabei.

Karl Kelschebach not only wants to reconcile learners with the peculiarities of the German language, but also arouse their interest in the curiosities of life in Germany. Whether it's asparagus, administrative language or the German railway - nothing is safe from Karl's quick pen. He writes tenderly about some things, and meanly about others - but there is always a pinch of humour.