Diverse Hasen

Rechte Internetnutzer diskutieren: Ist der Osterhase in Gefahr? Wir meinen: Nein! Ob als Süßigkeit oder als Eierlieferant, der Hase ist und bleibt der Star des Frühlings.

„Sitzhasen“ – werden sie Deutschland islamisieren?

Wer hätte gedacht, dass Schokoladenhasen einen Kulturkampf entfesseln können? Bin ich schon Teil dieses Kulturkampfes, wenn ich „Schokoladenhasen“ statt „Osterhasen“ schreibe? Treibe ich gar die „Islamisierung“ Deutschlands voran?

Klingt absurd? Ist es auch. Das hält rechte Stimmungsmacher aber nicht davon ab, die harmlosen Häschen zum Politikum zu machen. Die Produktbezeichnung „Sitzhase“ für einen Schokoladenhasen deutet ein Abgeordneter der rechtsextremen Partei AfD ohne jede Ironie als Anzeichen für eine „schleichende Islamisierung Deutschlands“ – weil der „Sitzhase“ den „Osterhasen“ verdrängt habe. Wird der Sitzhase als nächstes die Scharia ausrufen? Wer das glaubt, glaubt auch an den Osterhasen… In Wirklichkeit haben Produkte einfach verschiedene Namen, damit man sie voneinander unterscheiden kann. Wenn alle Schokoladenhasen Osterhasen hießen, gäbe es an der Supermarktkasse Konfusion. Und so heißen manche eben „Sitzhasen“ (weil sie sitzen), andere „Stehhasen“ (weil sie stehen), wieder andere „Traditionshasen“, „Schmunzelhasen“ oder „Lachhasen“. „Goldhasen“ gibt es bereits seit 1952, als die Welt noch so war, wie die Verteidiger des Osterhasen und des christlichen Abendlandes sie gern wieder hätten.

Hasen, Eier und das Christentum

Moment mal… Was hat der Osterhase überhaupt mit dem Christentum zu tun? Nicht viel mehr als der Sitzhase mit dem Islam. Zwar kann der Hase alles Mögliche symbolisieren – und tut das in der christlichen Ikonographie auch. Seine Rolle als Süßigkeit ist dagegen theologisch unbedeutend. Das Gleiche gilt für seinen Job als Eierlieferant. Dass die Ostereier in der Schweiz vom Kuckuck und in Tirol von den Hühnern selbst gebracht werden, braucht also niemanden zu beunruhigen: Es liegt nicht am Islam!

An dieser Stelle vielleicht ein paar Worte zu den Ostereiern. Was ich als Deutscher leicht vergesse: Es soll Erdteile geben, in denen weder der Osterhase noch der Kuckuck oder ein Huhn hartgekochte Eier in Haus und Garten versteckt. Ich finde das sehr exotisch! Früher dachte ich, dass alle Menschen am Ostersonntag bunt bemalte, hartgekochte Eier suchen. Das Kochen und Färben der Eier hatte in der Vergangenheit ganz praktische Gründe. Während der Fastenzeit durften gläubige Christen keine Eier essen. Um die Eier bis zum Ende der Fastenzeit zu konservieren, kochte man sie. Damit man ältere von frischeren Eiern unterscheiden konnte, wurden die Eier verschieden gefärbt. Dass man irgendwann begann, die gekochten und gefärbten Eier zu verstecken und den Kindern zu erzählen, das habe ein Hase gemacht – tja, das ist halt einfach so…

Wohin mit hartgekochten Eiern?

Wenn ich meine Eltern besuche, spielen sie bis heute gern Osterhase. Sie schauen ihren erwachsenen Kindern einfach gern dabei zu, wie sie auf der Suche nach Ostereiern durch die Wohnung kriechen. Inzwischen handelt es sich bei den Ostereiern um Schokoladeneier. Ein Glück! Früher standen wir manchmal ratlos vor zehn bis fünfzehn hartgekochten Eiern, die meine Eltern in Regalen, hinter Schränken oder unterm Sofa versteckt hatten. Was macht man mit so vielen hartgekochten Eiern? Die deutsche Antwort darauf ist schrecklich: Nudelsalat!

Ein „Salat“ aus kalten Nudeln, Dosenerbsen, Fleischwurst, Mayonnaise und eben hartgekochten Eiern, besonders beliebt als Mitbringsel für Partys. Der syrisch-deutsche Schriftsteller Rafik Schami verzweifelt seit Jahrzehnten an der deutschen Liebe zum Nudelsalat. „Man sagt, wenn man zehn Deutsche einlädt, sollte man mit drei Nudelsalaten rechnen“, schreibt er. Ich halte das für realistisch. In kulinarischen Fragen wäre eine Islamisierung Deutschlands vielleicht nicht das Schlechteste.

Karl Kelschebach möchte Lernende nicht nur mit den Absonderlichkeiten der deutschen Sprache versöhnen, sondern auch ihre Neugier auf die Kuriositäten des Lebens in Deutschland wecken. Ob Spargel, Beamtendeutsch oder die Deutsche Bahn - nichts ist vor seiner flotten Feder sicher. Über manches schreibt er liebevoll, über anderes biestig - aber eine Prise Humor ist immer dabei.

Karl Kelschebach not only wants to reconcile learners with the peculiarities of the German language, but also arouse their interest in the curiosities of life in Germany. Whether it's asparagus, administrative language or the German railway - nothing is safe from Karl's quick pen. He writes tenderly about some things, and meanly about others - but there is always a pinch of humour.

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