Sommerwetter– manchmal April, manchmal Sahara

Irgendwie fühlt sich der Berliner Sommer dieses Jahr so an wie der April. Im Homeoffice sitze ich in Badehose, wenn ich dann ins Schwimmbad gehe, beginnt es zu regnen. Im Freiluftkino habe ich dieses Jahr schon kalten Aperol getrunken, an anderen Tagen wäre mir heißer Glühwein lieber gewesen. Seit Wochen haben wir ein richtiges Aprilwetter – ein wechselhaftes, unbeständiges Wetter.

Manchmal fühlt sich der Berliner Sommer leider eher wie die Sahara an als wie der April – wenn sich während einer Hitzewelle die Straßen aufheizen und einfach nicht abkühlen wollen. Die Sonne brennt, man schwitzt und hofft auf ein bisschen Wind, wenigstens eine leichte Brise. Die Hoffnung stirbt zuletzt, sagt man. Aber sie stirbt. Die Hoffnung auf Wind jedenfalls überlebt nicht lange, wenn sich in den Häuserschluchten Berlins die Hitze staut. Wer eine Abkühlung braucht, muss ins Freibad gehen – oder an einen der vielen Badeseen.

„Pack die Badehose ein“

Da wäre zum Beispiel der Wannsee im Südwesten Berlins. Badespaß am Wannsee – darum geht es in dem berühmten Berliner Schlager „Pack die Badehose ein“ aus dem Jahr 1951, gesungen von der damals siebenjährigen Tochter des Komponisten. Als echte „Berliner Göre“ – also als ein typisches Kind der Stadt – wurde sie zu einem der ersten Kinderstars der Bundesrepublik Deutschland.

Populär wurde das Lied auch in Ostberlin – allerdings in einer etwas anderen Version, denn der Wannsee lag im Westen. Im Original heißt es: „Pack die Badehose ein, / nimm dein kleines Schwesterlein / und dann nischt wie raus nach Wannsee.“ In der DDR wurde daraus: „und dann nischt wie raus ins Strandbad.“

Das war die nette Version. Es gab auch eine bitterböse Parodie. Sie entstand, nachdem ein kleines Mädchen im Strandbad Wannsee angeschossen worden war, weil amerikanische Soldaten den nahen Grunewald für militärische Übungen nutzten: „Schließ die Badehose ein, / lass das Baden lieber sein, / denn der Ami schießt am Wannsee.“

Die Jahreszeit des Schlagers

Bis heute ist der Sommer eine Jahreszeit für Schlager. Die klassische Poesie hat er wenig inspiriert. Viele deutsche Dichterinnen und Dichter haben zarte Verse über den Frühling und den Herbst geschrieben. Den Sommer haben sie den Schlagersängern überlassen.

Im März fällt mir manchmal Eduard Mörickes „Er ist’s“ ein. Im September denke ich an Rainer Maria Rilkes „Herbsttag“. Im Juli habe ich dieses Jahr das Lied „Layla“ von DJ Robin & Schürze kennengelernt. Es beschreibt die erotischen Qualitäten einer Bordellbetreiberin. Dass es auf manchen Stadtfesten nicht gespielt werden sollte, löste eine sehr emotionale Debatte über Sexismus und Kunstfreiheit aus. Bei manchen Debattenbeiträgen fragte ich mich, ob die Debattierenden die Hitze nicht vertragen hatten…

Ich hoffe, dass euch weder Aprilwetter noch Hitze zusetzen. Vielleicht motiviert euch der Berliner Sommer ja sogar, euren Wortschatz rund ums Wetter zu erweitern, um über die „Bullenhitze“ schimpfen oder eure Freude über ein „laues Lüftchen“ ausdrücken zu können. Und damit Schluss für heute – ich brauche dringend eine Abkühlung. Hoffentlich fängt es im Schwimmbad nicht wieder an zu regnen…

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Karl Kelschebach möchte Lernende nicht nur mit den Absonderlichkeiten der deutschen Sprache versöhnen, sondern auch ihre Neugier auf die Kuriositäten des Lebens in Deutschland wecken. Ob Spargel, Beamtendeutsch oder die Deutsche Bahn - nichts ist vor seiner flotten Feder sicher. Über manches schreibt er liebevoll, über anderes biestig - aber eine Prise Humor ist immer dabei.

Karl Kelschebach not only wants to reconcile learners with the peculiarities of the German language, but also arouse their interest in the curiosities of life in Germany. Whether it's asparagus, administrative language or the German railway - nothing is safe from Karl's quick pen. He writes tenderly about some things, and meanly about others - but there is always a pinch of humour.

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