Berlin im Film – eine cineastische Annäherung an die deutsche Sprache

Deutschlernen mit Filmen – im Kino oder zu Hause.

Ob wir bald wieder ins Kino gehen können? Wir hoffen es sehr. Zunächst aber bleibt es wohl beim Heim-Kino. Schade, denn nirgendwo schmeckt das Popcorn so gut wie im echten Kino.

Doch auch der Filmabend zu Hause hat einen Vorteil: Wir bestimmen selbst das Programm. Deshalb stellen wir euch hier drei Filme über Berlin vor, die uns in den letzten Jahren begeistert haben.

Wie die Filme sind? Das machen die blau gedruckten Adjektive deutlich, typische Adjektive für Rezensionen. Zu den fett gedruckten Adjektiven gibt es noch eine Erklärung. Natürlich handelt es sich um positive Adjektive – denn wir empfehlen euch nur Filme, die wir wirklich gut finden.

Victoria (2015)

Kurz gefasst: Victoria heißt „Siegerin“ – doch die junge Spanierin Victoria, die es in diesem Film nach Berlin verschlagen hat, ist  eher eine Loserin. Ihren Lebenstraum, Pianistin zu werden, konnte sie nicht verwirklichen. Stattdessen jobbt sie in einem Café. In einer Clubnacht lernt sie vier „echte Berliner“ kennen: Sonne, Boxer, Blinker und Fuß. Als sie und die neuen Bekannten in einen Banküberfall verwickelt werden, wird die Berliner Nacht zum Abenteuer.

Empfehlenswert: Der Film ist sprachlich schlicht, aber ästhetisch anspruchsvoll. Eine einzige Kameraeinstellung wird über zwei Stunden durchgehalten. Das ist gewagt – man könnte auch sagen: ziemlich abgedreht. Dennoch (oder gerade deswegen) waren sich Filmkritik und Publikum einig: Victoria ist einfach überwältigend.

gewagt – speziell. Ein gewagtes Projekt ist ein nicht unbedingt ein gutes Projekt – es kann auch einfach verrückt sein. Ist es nun verrückt oder mutig, einen Film ohne Schnitte zu drehen? Gewagt ist es auf jeden Fall!

überwältigend – grandios, absolut beeindruckend. Wenn die eher nüchterne deutsche Filmkritik von einem Film überwältigt ist, ist der Film wahrscheinlich wirklich überwältigt.

Good bye Lenin (2003)

Kurz gefasst: Ost-Berlin 1989: Während die politische Führung der DDR den vierzigsten Geburtstag der Republik feiert, beginnt diese, sich aufzulösen. Keine leichte Zeit für die Christiane Kerner, eine überzeugte DDR-Bürgerin. Als sie sieht, wie ihr erwachsener Sohn Alex von Polizisten auf einer Demonstration verhaftet wird, fällt sie ins Koma. Nach sechs Monaten erwacht sie wieder. Nun muss ihr jede Aufregung erspart werden – dumm nur, dass in Deutschland gerade die größten Veränderungen seit 1945 im Gange sind.

Alex will seiner Mutter die Illusion erhalten, es sei nichts weiter passiert – und kommt auf die verrücktesten Ideen, als er versucht, für seine Mutter in der gemeinsamen 79 qm-Wohnung die DDR zu erhalten.

Empfehlenswert: Der Film ist reich an historischen Anspielungen, voll von authentischem Bildmaterial und satirischen Bezügen auf den ideologischen Jargon der DDR-Elite. Lebendiger kann Geschichte sein.

Doch keine Sorge: Nicht nur für Geschichtsstudenten ist Good bye Lenin sehenswert! Mit seinen mal skurrilen Szenen und sympathischen Charakteren ist dieser warmherzige Film kurzweilig – auch wenn man mal was nicht versteht.

skurril – seltsam, bizarr. Wenn Alex 1990 holländische Gurken in alte Gläser aus der DDR umfüllt, ist das ziemlich skurril.

warmherzig – freundlich, voller Menschlichkeit. Filme, die als warmherzig beschrieben werden, sind oft einfach sentimental. Okay, ein bisschen sentimental ist auch Good bye Lenin. Aber mir wird so warm ums Herz bei diesem Film, dass ich ihn lieber „warmherzig“ nenne…

 Oh boy (2012)

Kurz gefasst: Einen richtigen Plot hat dieser Film eigentlich nicht. Er braucht aber auch keinen. Wir begleiten Nico, einen jungen Loser, auch ohne Plot unglaublich gerne durch Berlin – in seine neue Wohnung, zum Psychiater, auf den Golfplatz, ins Theater, in die Bar. Wir lernen seinen Nachbarn kennen, seinen besten Kumpel, seinen Vater, eine ehemalige Mitschülerin, Dealer, Schauspieler, Tänzerinnen… Der Film ist schwarz-weiß – doch die Welt, die er uns eröffnet, ist so bunt wie Berlin.

Empfehlenswert: Zu Oh boy fallen mir sehr viele Adjektive ein: Der Film ist humorvoll, melancholisch, abgründig, manchmal herzzerreißend, manchmal urkomisch – aber es hilft nichts: Ihr müsst ihn selber sehen!

abgründig – geheimnisvoll. Kunst muss in Deutschland irgendwie immer abgründig sein – manchmal ist sie deshalb einfach prätentiös. Bei Oh boy ist das etwas ganz anderes!

herzzerreißend – bewegend, Mitleid erweckend. Tom Schilling, der Nico spielt, kann unglaublich traurig gucken. Sein Blick ist einfach herzzerreißend!

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Karl Kelschebach möchte Lernende nicht nur mit den Absonderlichkeiten der deutschen Sprache versöhnen, sondern auch ihre Neugier auf die Kuriositäten des Lebens in Deutschland wecken. Ob Spargel, Beamtendeutsch oder die Deutsche Bahn - nichts ist vor seiner flotten Feder sicher. Über manches schreibt er liebevoll, über anderes biestig - aber eine Prise Humor ist immer dabei.

Karl Kelschebach not only wants to reconcile learners with the peculiarities of the German language, but also arouse their interest in the curiosities of life in Germany. Whether it's asparagus, administrative language or the German railway - nothing is safe from Karl's quick pen. He writes tenderly about some things, and meanly about others - but there is always a pinch of humour.

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