Deutschlands Nationalgemüse

Was wäre der Mai in Deutschland ohne den Spargel?

Der Mai ist da. Der Frühling kommt, die Sonne kommt, die Liebe kommt, und wegen der vielen Feiertage haben wir sogar Zeit für Frühling und Sonne und Liebe. Und natürlich für Spargel, das „weiße Gold“ – ja, traditionell muss es in Deutschland weißer Spargel sein.

Spargelkult

Anfang Mai beginnt die Spargelzeit und sie endet am 24. Juni, am Johannistag. „Stich den Spargel nie nach Johanni“, warnt eine alte Bauernregel – denn, so informiert eine andere Bauernregel: „Kirschen rot, Spargel tot.“ Die Spargelpflanzen brauchen Zeit, sich bis zum nächsten Jahr zu regenerieren, deshalb muss irgendwann Schluss mit der Ernte sein, und offiziell ist eben am 24. Juni Schluss.

Der Spargel ist so etwas wie das Nationalgemüse der Deutschen, und so treiben sie einen richtigen Kult um ihn. In vielen Regionen werden zum Beispiel Spargelköniginnen gewählt, um das Gemüse mit royalem Glamour zu repräsentieren. Die „Spargelstadt Beelitz“ im Südwesten Berlins präsentiert auf ihrer Homepage die Spargelköniginnen der letzten 10 Jahre: Fotos von jungen Frauen mit Blumen oder Spargelkörben, meistens in einem Spargelfeld – eine nicht sehr idyllische Kulisse, weil der Beelitzer Spargel unter Plastikfolien wächst. Unter den Fotos findet man Texte über die emotionale Beziehung der jungen Frauen zu Beelitz und seinem Spargel. Sehr divers ist die Beelitzer Monarchie übrigens nicht: Die meisten Spargelköniginnen sind blond, alle haben deutsche Namen.

Der Streit um das richtige Rezept

In Deutschland gibt es nicht nur Spargelköniginnen, sondern auch Spargelfeste, Spargeltouren und mehrere Spargelmuseen. Und Streit, wie man Spargel eigentlich richtig zubereitet. Denn richtig zubereiten muss man ihn, sonst schmeckt er nicht und das wäre schlimm, schließlich ist Spargel verdammt teuer. Was muss man also tun, damit der Spargel so richtig lecker wird?

Traditionalisten würden antworten: Man kocht ihn in Salzwasser mit ein bisschen Zucker, bis er schön weich ist, und serviert ihn mit gekochtem Schinken und jungen Kartoffeln. Darüber kommt zerlassene Butter oder Sauce Hollondaise. So war das früher, so ist es heute, so wird es immer sein – Ende der Diskussion!

Meine Mutter ist so eine Traditionalistin. Das Problem ist: Nicht sie kocht, sondern mein Vater. Seit ein paar Jahren provoziert er sie mit avantgardistischen Experimenten: Er brät den Spargel in der Pfanne oder backt ihn mit anderem Gemüse im Ofen. Meine Mutter kommentiert das nicht mehr, aber ich weiß, dass sie beim Essen über die Scheidung nachdenkt.

Mein Spargelsalat

Meinen Spargelsalat würde sie hassen – euch gebe ich trotzdem das Rezept. Ihr braucht:

1 Bund Spargel (ich nehme grünen, obwohl viele Deutsche das wahrscheinlich komplett verrückt finden)

Olivenöl

1 Bio-Zitrone

1 TL (Teelöffel, also kleiner Löffel) Senf

2 TL Honig

50 g Sonnenblumenkerne

2 EL (Esslöffel, also großer Löffel) Sojasauce

Die Spargelstangen unten schälen und in Stücke schneiden. Mit etwas Olivenöl und Zitronensaft beträufeln und mit dem Zitronenabrieb (der Schale der Zitrone) Salz und Pfeffer in den Ofen schieben. Bei 180 Grad 20-30 Minuten im Ofen rösten. In der Zwischenzeit die Grapefruit schälen und voll allen Häuten befreien. 50 ml Olivenöl, Zitronensaft, Senf, Honig und Salz und Pfeffer zu einer Vinaigrette verrühren. Erst nur ein bisschen Zitronensaft nehmen, damit es nicht zu sauer wird – lieber später noch welchen hinzufügen. Die Sonnenblumenkerne in einer Pfanne rösten, Sojasauce hinzufügen und kurz mitrösten. Abkühlen lassen. Den Spargel mit der Vinaigrette und den Grapefruit-Filets mischen und die gerösteten Sonnenblumenkerne darüberstreuen. Schmeckt warm oder kalt.

Die etwas bitteren Aromen von Spargel und Grapefruit, die Süße des Honigs, die frische Säure der Zitrone, die knusprigen, salzigen Sonnenblumenkerne – wunderbar! Das perfekte Essen für den Mai.

Probiere unser Spargelrezept!

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Karl Kelschebach möchte Lernende nicht nur mit den Absonderlichkeiten der deutschen Sprache versöhnen, sondern auch ihre Neugier auf die Kuriositäten des Lebens in Deutschland wecken. Ob Spargel, Beamtendeutsch oder die Deutsche Bahn - nichts ist vor seiner flotten Feder sicher. Über manches schreibt er liebevoll, über anderes biestig - aber eine Prise Humor ist immer dabei.

Karl Kelschebach not only wants to reconcile learners with the peculiarities of the German language, but also arouse their interest in the curiosities of life in Germany. Whether it's asparagus, administrative language or the German railway - nothing is safe from Karl's quick pen. He writes tenderly about some things, and meanly about others - but there is always a pinch of humour.

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