Was ruft man wo zu Karneval? Und überhaupt: Warum ziehen Tausende von Spaßvögeln durch die Straßen großer Städte und werfen mit Süßigkeiten um sich?
Karneval in Berlin
Okay, dieser Post kommt zu spät. Eigentlich hätte ich vor zwei Wochen über Karneval schreiben müssen. Ich hab’s verschlafen. Hier in Berlin bekommen wir eben nichts mit von der „fünften Jahreszeit“. Vor ein paar Jahren druckte die BVG Plakate von einem leeren U-Bahnwaggon. Darunter war zu lesen: „Helaaf! Karnevalszeit! Hier die Bahn mit den Leuten, die das in Berlin interessiert.“
Ehrlich gesagt habe ich den Witz zunächst nur zur Hälfte verstanden. Wahrscheinlich ging es vielen so, denn Karneval interessiert in Berlin ja wirklich niemanden. Deshalb kennen auch nicht alle die beiden Karnevalsrufe „Helau“ und „Alaaf“, die auf dem BVG-Plakat zu „Helaaf“ werden – obwohl sie den großen Karnevalsstädten Düsseldorf („Helau!“) und Köln („Alaaf!“) doch dazu dienen, sich voneinander abzugrenzen. Was feiern eigentlich die Schelme und Narren und Jecken, kurz: all die kostümierten Spaßvögel, die so viel Farbe in graue Tage und graue Städte bringen?
Institutionalisierte Verrücktheit
Karneval – das Wort kommt aus dem Lateinischen. „Carne vale“ bedeutet „Tschüs Fleisch“. Nach dem Karneval beginnt die Fastenzeit, in der Christen traditionell kein Fleisch essen. Vorher aber möchte man noch einmal Spaß haben und so richtig verrückt sein. Die Verrücktheit ist natürlich streng institutionalisiert – in Karnevalsvereinen mit Satzungen, Geschäftsordnungen, Vorständen.
Die Karnevalsvereine sind für den reibungslosen Ablauf des Straßenspektakels zuständig. Dieses beginnt mit der „Weiberfastnacht“. Im Mittelalter spielte man zur Weiberfastnacht „verkehrte Welt“ – und „verkehrte Welt“ bedeutete: Frauen an die Macht! Bis heute bricht im Rheinland einmal jährlich das Matriarchat aus – und die Männer machen mit: Oberbürgermeister überreichen den Repräsentantinnen der Karnevalsvereine feierlich den Rathausschlüssel, und wer eine Krawatte trägt, muss damit rechnen, dass sie ihm abgeschnitten wird. Zur Entschädigung gibt’s ein „Bützken“ oder „Bützje“ (Küsschen). Seinen Höhepunkt erreicht der Karneval am Rosenmontag. Hunderte von Vereinen präsentieren sich beim Kölner Karnevalsumzug und bewerfen Passanten mit „Kamellen“ (Bonbons). Endgültig Schluss mit dem bunten Treiben ist am Aschermittwoch. Der Name stammt von dem Brauch, dass ein Geistlicher Gläubigen ein Kreuz aus Asche auf die Stirn zeichnet und damit die Fastenzeit einleitet. Viele nehmen es mit dem Karneval allerdings viel genauer als mit dem Fasten.
Der Karneval und die Politik
Den Rosenmontagsumzügen wird kein politisches Thema ausgespart: Beim diesjährigen Umzug in Düsseldorf war von lokalpolitischen Streitigkeiten um den Bau eines Opernhauses über die landesweiten Proteste gegen die AfD bis hin zu einer möglichen weiteren Präsidentschaft Donald Trumps alles dabei.
Für Schlagzeilen sorgte jedoch vor allem der politische Aschermittwoch. An diesem Tag feiern Parteien sich selbst und machen sich über ihre politischen Gegner lustig. Bei den Grünen musste der politische Aschermittwoch dieses Jahr ausfallen. Die Proteste gegen ihre geplante Veranstaltung waren so aggressiv, dass die Sicherheit der Teilnehmenden nicht hätte gewährleistet werden können. Das sollte uns auch in Berlin interessieren…
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