Es ist Juni , wir sind in Berlin – da bräuchten wir einen Blog-Post zum Pride Month, fanden meine Kolleginnen. Pride Month? Musste ich erst mal googeln. Ich fand heraus: Der Juni ist der Monat queeren Selbstbewusstseins. Oh, da bin ich spät dran mit meinem Blogpost! Dabei finde ich queeres Selbstbewusstsein natürlich super. Nur feiere ich es auf der CSD-Parade, und die ist in Berlin erst im Juli…
Die Geschichte von Pride Month und Christopher Street Day
Irgendwie ist der Begriff „Pride Month“ bisher nicht so richtig in Deutschland angekommen. Er erinnert an den Mut – die Courage – der Gäste einer queeren Bar in New York. Am 28. Juni 1969 protestierten sie gegen eine Polizei-Razzia und begannen damit einen leidenschaftlichen Kampf für Gleichberechtigung – laut, wütend und stolz. Stolz darauf, so zu sein, wie sie waren.
Auch in Deutschland erinnert die LGBTIQ*-Community an die Ereignisse in jener Bar, dem Stonewall’s Inn in der Christopher Street. Über 60 Paraden gibt es diesen Sommer zum Christopher Street Day. Nur mit dem Monat nehmen es die Deutschen nicht so genau, obwohl sie doch sonst für ihre Pünktlichkeit bekannt sind. In Berlin findet der CSD am 23. Juli statt, in vielen Städten noch später. In Herleshausen lässt man sich bis November Zeit.
Sprache und Emanzipation
Ob wir es im Pride Month, im Juli oder erst im November feiern – zu queerem Selbstbewusstsein gehört eine selbstbewusste Sprache. In den 1970er Jahren nannten sich manche schwule Aktivisten „pervers“. Das war nicht einfach Ironie, sondern Arbeit an der Sprache. Aus einem Stigma sollte ein provokantes Statement gegen die konservative Sexualmoral der Mehrheitsgesellschaft werden. Trotzdem blieb das Wort negativ konnotiert.
Anders das Wort „schwul“, das männliche Homosexualität beschreibt. Es kommt von „schwül“. Schwül, also warm und feucht, war es früher in den verbotenen Bars, in denen Schwule sich heimlich trafen. Vielleicht wurden mit „schwül“ auch die Beziehungen der „warmen Brüder“, also homosexueller Männer, zu ihren Geliebten metaphorisch charakterisiert, weil sie das Gegenteil von kalt und gleichgültig waren.
Lange wurde „schwul“ nur in der Umgangssprache benutzt, oft abwertend. Heute hat es auch in der Standardsprache seinen Platz. Und in der Jugendsprache – dort aber als Attribut für Peinliches oder Unattraktives. Ist das nun ein kreatives Spiel mit Bedeutungen oder einfach Homophobie?
Vielfalt, die inspiriert
Eine Alternative zu „schwul“ ist inzwischen der Anglizismus „gay“. Sein Vorteil: Er ist inklusiver, weil er auch lesbische Liebe beschreibt. Überhaupt: Die LGBTIQ*-Szene ist so vielfältig, dass es manchmal eine Herausforderung ist, die richtigen Worte zu finden. Es geht schließlich nicht nur um sexuelle Orientierungen wie lesbisch, schwul und bisexuell, sondern auch um Geschlechtsidentitäten wie trans, inter oder nonbinär.
Wie inspirierend diese Vielfalt sein kann, zeigt der Film „Desire will set you free“ (2015) von Yoni Leyser. Er stilisiert Berlin zu einer Art queerem El Dorado – und macht klar: Unter dem Regenbogen, dem farbenfrohen Symbol der LGBTIQ*-Community, ist Platz für viele. Nicht nur im Pride Month.
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